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Haushaltrede UWG Kaarst 2009
Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren, verehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger,
die Monate Januar und Februar sind für die im Kaarster Rat vertretenen demokratischen Parteien Zeiten harter politischer Arbeit, in denen man um Meinungen ringt, Ideen und Wünsche formuliert und in den Rat einbringt. Hier vergleicht man dann intensiv Möglichkeiten der Kooperation und versucht, zündende Ideen anderer vielleicht in einem Kompromiss zu verwerten. Dann wägt man das Für und Wider ab und beschließt auf möglichst breiter Basis. Im festen Glauben, dass alle zum Wohl der Stadt beigetragen haben, weist man der Verwaltung einen gangbaren Weg, auf dem sie für die Bürger im Jahre 2009 wirken kann.
Jetzt denken einige von Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen der ebenfalls unter der Demokratur der CDU leidenden Fraktionen, sie wären im falschen Film.
In der Tat, bis hierher ist alles falsch, obwohl, wie wir alle wissen, in vielen Kommunen, die nicht oligarchenartig von CDU regiert werden, dieses von mir eben skizzierte Miteinander praktiziert wird.
Mit fiel dabei nur das Wort Oligarchie ein. Die Definition lautet: Ausüben der Regierungsmacht von einer kleinen Gruppe.
So wie die CDU in den beiden letzten HWFA Sitzungen mit den anderen Fraktionen umgegangen ist, so werden auch eigene Rats- und Ausschussmitglieder dirigiert und fremdbestimmt. Ich erinnere nur an das unwürdige Spiel mit dem BPlan Hubertusstraße. Wer zu sehr aufmuckt, für den wird das Ausscheiden die einzige Alternative sein, wenn man es ihm nicht schon nahe gelegt hat. Man achte nur auf die fehlenden Persönlichkeiten in der neuen Wahlliste.
Die Diskussionen, wenn sie denn überhaupt welche waren, die Diskussionen in den beiden letzten HWFA Sitzungen erinnern mich an die engl. Definition vom Fußball: 44 Mann rennen hinter einem Ball her und am Schluss gewinnt die CDU, weil der Schiedsrichter auf ihrer Seite steht. Nur, wir hier, wir erhalten noch nicht einmal einen Ball.
Bei uns hier in Kaarst erhielten die Fraktionen die Änderungswünsche der Parteien als Tischvorlage des CDU Verwaltungschefs. In der Kürze der Zeit hatte man kaum Gelegenheit diese zu evaluieren um u.U. fundierte Nachfragen zu stellen. Dies durfte man dann ansatzweise in der zweiten Halbzeit, in der jedoch alle Vorstöße der anderen Fraktionen von der CDU mit fadenscheinigen Argumenten oder gelangweiltem Grinsen abgewehrt wurden. Ich zitiere ein mehrfach vorgetragenes Argument: „Jaaaa, im Prinzip ist die Idee nicht schlecht, nur….“(Zitat Ende).
Und dann erfolgte der Abpfiff. Zwei Fraktionen stimmten erst gar nicht mehr mit ab und eine Fraktion stimmte trotzdem mit der CDU. Hier stehen anscheinend die Verhandlungen über einen Vereinswechsel noch vor der Sommerpause kurz vor dem Abschluss.
Verehrte oder verirrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben im August ja Wahl, und dann hat das ewige, vergebliche Bitten und Fordern ein Ende. Die UWG ist jedenfalls davon überzeugt. Unsere Träume werden nach der Wahl Realität. Dann werden wir den HH 2010 wirklich miteinander beraten und verabschieden und unsere Wähler überzeugen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich kurz noch einmal einige von der CDU abgelehnten Wünsche der UWG für den HH 2009 skizzieren und damit gleichzeitig unser Bild der Attraktiven Stadt Kaarst zeichnen, dem sich diese CDU ja seit Jahren widersetzt.
Das eigentliche Problem unserer nahen und mittleren Zukunft ist die demographische Situation unserer Stadt. Das Demographie-Training Ende letzten Jahres hat uns dies deutlich vor Augen geführt. Ich will die schwache Rolle der Mehrheit der anwesenden CDU Teilnehmer jetzt und hier nicht kommentieren, doch gab es einen allgemeinen Konsens bei den seriösen Beiträgen, dass dringender Handlungsbedarf besteht.
Dies sind unsere Stichworte dazu:
Änderung der Stadtplanung
Angebote an junge Familien, die Stadt Kaarst als Lebens-Mittelpunkt zu wählen
Schaffung von Seniorenstützpunkten
Einführung einer Ringbuslinie zur Verbesserung der Mobilität
Energiesparen an Schulen
Verbesserung des äußeren Bildes der Stadt durch den Freizeit- und Erholungspark Nordkanal
Ich beginne mit dem Hinterfragen der Kaarster Stadtentwicklungspolitik, weil dieses Thema beim Demographietraining eine herausragende Stellung hatte. Diese schon länger von der UWG beklagte Fehlentwicklung wurde uns allen in den Wochen danach drastisch vor Augen geführt. Über 300 leer stehende Häuser und Wohnungen gibt es in der Stadt Kaarst, was gleichbedeutend ist mit 300 erschlossenen und baurechtlich nutzbaren Leerstellen. Und dennoch wird ein Vorhaben bezogener BPlan nach dem anderen durchgeboxt, man versiegelt weiter ohne Rücksicht auf die demographische Notwendigkeit und die ökologischen Folgen. Vorrangiges Ziel scheint es zu sein, potenten Investoren hohe Renditen zu versprechen und dies ohne, wie es sich in vielen Fällen herausgestellt hat, den Überblick über Planung, tatsächlichen Verlauf und Ergebnis der Bautätigkeit zu behalten.
Sie, meine Damen und Herren von der CDU argumentieren mit den hohen Immobilienpreisen in Kaarst als Ursache für die Leerstände. Selbst wenn da auch nur ansatzweise was dran sein könnte, sind es schwache Argumente.
Was für uns in der Kaarster Politik einzig und allein zählen darf, das sind die Kaarster Bürgerinnen und Bürger, die ihr über Jahrzehnte gepflegtes Häuschen immer als Alterssicherung betrachtet haben, und diese Bürgerinnen und Bürger bleiben bei Ihrer Stadtplanung im Regen stehen. Hier kann und muss die Stadt Geld in die Hand nehmen und Käufe attraktiver machen.
Wir haben versucht, junge Familien, die darüber nachdenken, in Kaarst sesshaft zu werden, mit Prämien zu locken. Das haben wir so ansatzweise hingekriegt, Sie mit halbem Herzen, wir zuerst voller Überzeugung. Mit halbem Herzen deshalb, weil es kaum Familien gibt, die die gesetzten Voraussetzungen erfüllen.
Wir wollten und wollen mehr. Unsere Idee war und ist es, dass die Stadt einen Teil der Renovierungskosten beim Kauf einer der leer stehenden Immobilien übernimmt, wenn diese Renovierung von Kaarster Handwerkern durchgeführt wird. Es wäre ein zusätzliches Bonbon für potenzielle Käufer, weil gerade erst der Gesetzgeber die steuerliche Absetzbarkeit von Handwerkerrechnungen bis zu einer festgesetzten Höhe eingeführt hat.
Eine solche Prämie sei für den Stadtsäckel zu teuer, so wurde argumentiert und ebenfalls abgelehnt. Auch dieses Argument ist falsch. Erstens hat die Stadt Kaarst Geld. Es trifft zu, dass der Kämmerer Jahr für Jahr gebetsmühlenartig drohende Finanzlöcher bejammert, die es dann bei der Jahresabrechnung nicht mehr gibt. Soviel mir bekannt ist, Herr Vogt, ist der Griff in die Rücklage, den Sie zuletzt immer angedroht haben, bisher gar nicht oder kaum nennenswert erfolgt.
Des Weiteren hat die Stadt viel Geld in die Hand genommen zur Entwicklung des Gewerbeparks Kaarster Kreuz, und das ist gut so, zumal dieses Geld über kurz oder lang mit hoher Rendite zurück fließen wird. Geld wäre also da, nur der politische Wille fehlt.
Ein zusätzlicher, wichtiger Schritt, die Stadt Kaarst für junge Familien attraktiver zu machen, wäre die spürbare Senkung und, mittelfristig in einem weiteren Schritt, die Abschaffung der Elternbeiträge für Kindergarten und OGATA. Dies erhält zusätzliche Bedeutung angesichts der von Ihren CDU Genossen beschlossenen minimalen Erhöhung der Honorare für die Tagesmütter bzw. –väter.
Was Sie von der CDU und Ihrer Schwesterpartei als großen Erfolg Ihrer familienfreundlichen Politik mit dem Slogan feiern: „Wir tun was für junge Familien“, bringt allenfalls Erleichterungen im unteren zweistelligen Euro- Bereich. Also auch hier Mogelpackung.
Die Einführung eines Seniorenbeauftragten in Kaarst wäre für die Betroffenen kein großer Wurf, weil er zu schnell zu einem parteipolitischen Spielball werden könnte. Viel besser wären Seniorenstützpunkte in allen Ortsteilen, die wirkliche Hilfe anbieten könnten: Individuelle und persönliche Beratung zu allen Fragen rund um das Leben im Alter, Beratung zum Aufbau neuer sozialer Kontakte, Freizeit- Kultur- und Bildungsangebote usw. usw. Auch das wird abgelehnt, weil es von der falschen Partei kommt.
Ein weiterer Aspekt.
Wir benötigen dringend eine gut funktionierende Ringbuslinie in Kaarst: die Buslinie 860 würde sich dafür anbieten. Sie wäre eine bedeutende Hilfe zur Verbesserung der Mobilität, besonders für unsere Senioren und die Menschen mit geringerem Einkommen. Auch hier kam das schnelle Nein mit dem bereits bekannten Argument: Jaaaa, in Prinzip eine gute Sache, aber….
Energiesparen, meine Damen und Herren, wird immer attraktiver, besonders für diejenigen, die staatlich geförderte Solar- und Biogasanlagen verkaufen wollen. Nichts dagegen, um Gottes willen. Und dabei wäre es so einfach und effektiv, Energiesparen zu lernen und gleichzeitig die Lernwilligen mit Geld zu locken. Das von uns seit Jahren geforderte 50:50 Modell des Energiesparens an Schulen wird nur dann kurz propagiert, wenn die Junge Union dies fordert; man sagt zu und lässt es danach sofort wieder in der Versenkung verschwinden. Und uns versucht man einzureden, dies sei ein von der CDU 2005 oder 2006 beschlossener Plan, der in Arbeit sei. Nichts davon stimmt.
Die Entschlammung des Nordkanals scheint eine unendliche Geschichte zu werden. Für die SPD ist das ganze nur noch ein Kasperle Theater und für die CDU und Ihren Bürgermeister ein Tabu: Letzteres unglaublich und unverständlich, gleichzeitig aber auch wieder verständlich angesichts der vielen Fehler und Versäumnisse in der Vergangenheit und Gegenwart.
Man hat die Bedeutung des Nordkanals jahrzehntelang nur als Vorfluter bei hohen Grundwasserständen betrachtet und ihn deshalb besonders gepflegt und regelmäßig entschlammt. Vielleicht auf Grund des Baunkohlentagebaues hat man dann die Gefahr hoher Grundwasserstände verharmlost und die Arbeit, trotz permanenter Warnungen der Experten, eingestellt. Die Grundwasserkommission Kaarst wurde abgeschafft, die sog. Grundwasserakte Kaarst geschlossen. Die in jedem Frühjahr anstehende Nordkanal Gewässerschau wurde, für jeden Experten völlig unverständlich, auf den Herbst 2009, die Zeit nach der Wahl, verschoben, wohl wissend, dass man dann eventuelle Handlungszwänge wieder im Schlamm versenken kann. Die Kaarster Homepage zum Thema Grundwasser hat derzeit allenfalls historischen Wert.
Nunmehr ist der Kanal eine Kloake, eine sich wie ein Riegel zwischen Kaarst und die südlichen Stadtteile schiebende, die Menschen trennende Ost-West Achse.
Wir wollen und werden einen weiteren Schritt über die geforderte Entschlammung hinaus tun und haben die Idee eines Erholungs- und Freizeitparks aufgegriffen. Hierzu haben wir eine Ansatzfinanzierung in den HH 2009 einbringen wollen. In völliger Unkenntnis der großen Chancen für unsere Stadt wurde auch dieser Wunsch abgelehnt.
Gerade jetzt ist die Zeit günstig, um Fremdgelder zu erhalten und die Stadtkasse zu schonen. So stehen, nur als Beispiel, im Rahmen der Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie umfangreiche Finanzmittel zur Verfügung. Am 22.12.08 hat dazu die Anhörung der Öffentlichkeit begonnen. Erst zwei Monate später, am 17.2.09, weist die Stadt Kaarst kommentarlos darauf hin. Nichts ist bis jetzt geschehen die angebotenen Mittel zur Entwicklung des ökologischen Potenzials der Nordkanals zu beantragen. Wir werden, Herr BM, meine Damen und Herren, einen diesbezüglichen Antrag umgehend stellen.
Auf Grund zaghafter Widerstände einiger Holzbüttger CDU Mitglieder hat man jetzt zu deren Beruhigung ganz schnell eine Passage in das sog. Leitlinien – Wahlprogramm 2009 bis 2014 eingefügt. Ich zitiere sinngemäß: “Man begrüßt eventuell in Betracht kommende Modelle zur Kappung der Grundwasserspitzen aus wasserwirtschaftlicher Sicht und würde sich freuen, wenn derartige Modelle eine Realisierungschance hätten.“ (Zitat Ende). Das müsste man sich auf der Zunge zergehen lassen, wenn es nicht so bitter schmeckte. Und der Förderkreis Holzbüttgen begrüßt diese CDU Initiative in voreilendem Gehorsam. Hier scheinen sich Parallelen abzuzeichnen zur letzten Wahl, als man durch allerlei Versprechungen den Vorsitzenden der Bürgerinitiative Grundwasser zu einer Wahlaussage zugunsten der CDU überreden konnte und dabei den Förderkreis Holzbüttgen fast gespalten hätte. Das braucht man jetzt nicht, wo sich der Förderkreis schon vor der Wahl so quasi zur CSU von Kaarst entwickelt hat.
Hätte man sich mit uns gemeinsam das Thema Nordkanal auf die Fahnen geschrieben, dann wären wir einige Schritte weiter. So, und das prophezeie ich, wird der Förderkreis zu diesem Thema nach der Wahl nicht mehr gebraucht. Ich wiederhole es noch einmal: Arbeiten Sie mit an dem gemeinsamen Ziel, unsere Stadt durch die Inwertsetzung des kulturhistorisch einmaligen Bodendenkmals Nordkanal attraktiv zu machen.
Seien Sie versichert, meine Damen und Herren, unser langer Kampf ist nur scheinbar unendlich. Das Neusser Schützenfest 2009 wird für die betroffenen Bürger als ein besonderer Termin in Erinnerung bleiben.
Die Frage, ob wir dem HH 2009 zustimmen, stellt sich angesichts des Verhaltens der regierenden Partei nicht. Wir werden jedoch nicht dem Weg von SPD und Grünen folgen und wie diese in der letzten HWFA Sitzung aus der verständlichen Enttäuschung heraus erst gar nicht an der Abstimmung teilnehmen, wir werden auch nicht wie die FDP trotz der Schmach, auch keinen der eingebrachten Vorschläge realisiert zu haben, ja sagen.
Meine Damen und Herren, wir werden immer und sehr intensiv die politische Arbeit in Kaarst mitgestalten und deshalb wird es auch 2009 ein Nein geben.